Ein Fest der Vielfalt

Vielfalt-Abend ttt 2015

Musik ist eine Sprache, die auf der ganzen Welt verstanden wird, ein Mittel nonverbaler Verständigung, gerade in Zeiten, in denen Worte vielfach versagen. Dass an der Adolf-Reichwein-Schule Musik und kulturelle Vielfalt als Bereicherung erlebt und gelebt wird, wurde jüngst in einer Veranstaltung unter dem Motto „Vielfalt statt Einfalt- von der Internationalität der Musik“ wieder mehr als deutlich.
Die Kulturveranstaltung der Reihe „Töne, Themen und Talente“ verstand sich auch als Beitrag zur Interkulturellen Woche des Landkreises Gießen.
Nach dem gekonnt intonierten Klarinettenquartett „Freude, schöner Götterfunken“, vorgetragen von Hanna, Nele, Nenva und Chiara, Schülerinnen des Jahrgangs 6, konnte Schulleiter Norbert Kissel Publikum und ausführende Musiker in der vollbesetzten Aula der ARS begrüßen, darunter auch Dirk Haas, Kreisbeigeordneter des Landkreises Gießen, der im Laufe des Abends auch das Wort an die Ausführenden und das Publikum richtete und die Ausgestaltung des Schullebens und die Unterrichtsarbeit an der ARS würdigte.

In seiner Begrüßungsrede ging Norbert Kissel auch auf die gegenwärtige Lage der Flüchtlinge ein und zog den Bogen zu Adolf Reichwein, der in Bezug auf neue Situationen stets einen optimistischen Pragmatismus an den Tag gelegt habe. „Da ist plötzlich etwas da, das sich nicht angemeldet hat und wir haben uns mit ihm zu befreunden“, zitierte Kissel den Namensgeber der Schule, der als Kosmopolit und Menschenfreund auf der ganzen Welt zuhause gewesen sei. „Halten wir es wie Reichwein“, so Kissel, „und begreifen wir die vor uns liegenden großen Herausforderungen in erster Linie als Aufgabe, im Reichwein´schen Sinne als Vorhaben und erst in zweiter Linie als Problem“.

Dass Internationalität in der Musik uneingeschränkt Reichtum bedeutet, wurde im nachfolgenden Programm deutlich. Allein die unterschiedlichen Namen der Ausführenden – Schüler, Lehrer und Freunde der ARS – sprachen für sich.

Nachdem die aus Moskau stammende Cellistin Mariana Korolyova und Norbert Kissel (geboren im Westerwald) am Klavier zwei klangvolle Volkslieder vorgetragen hatten, folgten zwei Chorbeiträge von Schülerinnen der baptistischen Gemeinde in Pohlheim, die intonationsrein und ausdrucksstark aus ihrem reichen Repertoire christlicher Songs schöpften. Auch die Vorfahren dieser jungen Leute waren nach der Wende aus Osteuropa gekommen, viele aus der Nähe vom Omsk.

Mit munteren tschechischen Volksweisen, gesetzt für zwei Violinen und Querflöte, setzen Marianna Kosaca, Monika Kissel und Margarete Mrokon das Programm fort. Die drei Interpretinnen repräsentieren von ihrer Herkunft her die Länder Norwegen, Tschechien und Polen. Mit zwei feurigen Hochzeitstänzen von aramäischen Schülerinnen, mitreißend dargeboten, endete der erste Teil der Veranstaltung.

Zum Format der Veranstaltungsreihe „Töne, Themen und Talente“ gehört auch der „Talk auf dem Sofa“. Hier nahmen nun die Schülerinnen Gamze, Elizabeth und Carolin Platz und berichteten von der öffentlichen Darstellung der Flüchtlingslage im Raum Gießen und das im Spiegel der Gießener Allgemeinen Zeitung. Über mehrere Wochen hatten die Neuntklässlerinnen die Berichterstattung der Zeitung verfolgt und ausgewertet und sich ein Bild von der Arbeit in der Redaktion gemacht. Das Ergebnis war sehr erfreulich: Redliche und verantwortungsvolle Berichterstattung, die sowohl auf engagierte Recherche als auch auf sachliche und wertneutrale Darstellung setze, konnten die Schülerinnen der Zeitung bescheinigen – ein Ergebnis, das aber auch auf andere Tageszeitungen der Region zutreffe.

Zu den Freunden der ARS gehört auch der aus Kolumbien stammende Sänger und Gitarrist Francisco Pizarro, der das Publikum mit „Guantanamera“ und „Solo le pido a Dios“ begeisterte.

Es folgte ein weiteres Interview auf dem Sofa. Die Zehntklässlerin Paula Lürßen hatte dieser Tage für Ihre Kurzgeschichte „Tausch“ den Jugendliteraturpreis der OVAG erhalten. Diese Geschichte, die demnächst in einem Buch veröffentlicht werden wird, basiert auf dem Rollentausch zweier Figuren mit hohem Symbolgehalt: Der Tod und der Weihnachtsmann, die jeweils in die Rolle des Anderen schlüpfen. Norbert Kissel beglückwünschte die junge Autorin und überreichte einen Buch-Gutschein des Fördervereins.

Folklore aus Norwegen bildete den nächsten Programmpunkt. Madlen Kosaca mit ihrer Mutter Marianne ließen nordische Melodien auf der Violine erklingen, begleitet von Dina Zavodowska am Flügel. Ein besonderer Blickfang: Tochter Madlen erschien in der reich bestickten Tracht ihrer skandinavischen Vorfahren.

Spanische Klänge folgten. Die Schwestern Ute Edler und Ulrike Castro-Leduc, deren Wurzeln ebenfalls in Südamerika liegen, sangen Folklore, die schließlich in einen feurigen Flamenco mit Fächer und Kastagnetten mündete.

Der musikalische Teil des Abends endete mit einem Stück polnischer Herkunft, ebenso beherzt vorgetragenen von Margarete Mrokon an der Violine und Dina Zavodowska und einem gemeinsamen „We shall overcome“ aller Anwesenden.

Nach dem Konzert hatten Eltern, Förderverein und der neue Mensa-Chef Faruk Köse ein umfangreiches Buffet internationaler Köstlichkeiten zusammengestellt und zum gemütlichen Beisammensein eingeladen. Noch bis in den späten Abend klangen südamerikanische wie auch irische Weisen aus den Räumen der ARS und rundeten diese gelungene Feier der Vielfalt ab.

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